Waldschmidtstraße - Der Musikant von Tegernsee

Plakat_Der Musikant vom Tegernsee

Beschreibung

Die Waldschmidtstrasse, die von der Bahnhofstrasse beim alten Gendarmeriegebäude abzweigt und entlang des Alpbaches zum Prinzenweg führt, erinnert an den Volksschriftsteller Maximilian Schmidt, genannt Waldschmidt. Tatsächlich zählt Maximilian Schmidt (1832-1919) zu den bekanntesten bayerischen Heimatschriftstellern des 19. Jahrhunderts. Wie viele, so wurde auch Waldschmidt durch seine Aufenthalte am Tegernsee zu literarischen Werken mit Lokalkolorit animiert. 1886 verfasste er den Tegernsee Roman Der Musikant von Tegernsee, der 1914 als einer der ersten Heimatromane von August M. Kormann verfilmt wurde. 1921 ein weiteres Mal von der Fata Morgana Film GmbH München. 2014 inszenierte Andreas Kern den „Musikant von Tegernsee“ als Theaterstück. Unter großem Applaus wurde es am Tegernseer Volkstheater im Rahmen der Tegernseer Woche uraufgeführt.

Lieblingsautor von König Ludwig II.

König Maximilian II. (1811-1862) und König Ludwig II. (1865-1886), der ihn sogar zum Hofrat ernannte, waren begeisterte Anhänger von Maximilan Schmidts Romanen. 
Der 13. Juni 1886 war ein Tag, der in die bayerische Geschichte einging. An diesem Tag starb König Ludwig II. Das Buch, dass der Märchenkönig noch zwei Stunden vor seinem Tod las, stammte von seinem Lieblingsschriftsteller, Maximilian Schmidt, (genannt Waldschmidt), hiess Leonhardiritt und spielte in Kreuth. Doch nicht nur König Ludwig verehrte den Schriftsteller, ganz Bayern lag ihm 1886 zu Füßen, dem Bestsellerautor, der eine Wirklichkeit abbildete, die den Geschmack der Zeit bediente. 1886 war auch das Jahr in dem der Musikant von Tegernsee erschien.  

Der Musikant von Tegernsee

Wie Maximilian Schmidt in seinen Lebenserinnerungen berichtet, schrieb er den Musikanten von Tegernsee  auch auf Einladung der Wiener Zeitung hin, die ihn als Fortsetzungsroman in ihrer Zeitung zuerst veröffentlichte.  Die Handlung des Romans:

Oben auf der Gindlalm gesteht der Jäger Franzl im Sommer 1836 seinem bestem Freund, dem Tegernseer Musikanten Baptist, dass er die schöne Sennerin Celli, die Tochter des Bauern auf der Neureuth begehrt und sich, so glaubt er, berechtigte Hoffnungen macht. Baptist soll es übernehmen dem hübschen Mädchen das Zitherspiel beizubringen. Das ist nur eine der Maßnahmen, die der Jäger sich ausgedacht hat, um aus Celli eine zu ihm passende vornehme Dame zu machen, weil er selbst nach der großen Forstkarriere strebt. Doch seine Rechnung geht nicht auf, denn Cilli und Baptist verlieben sich ineinander. Um das dem besten Freund nicht beichten zu müssen, versuchen sie ihm Mamsell Urschel als die perfekte Partie unterjubeln. Denn sie, die bereits in einem feinen Forsthaus als Haushälterin gearbeitet hat, kann wunderbar gebildet französisch sprechen. Was zunächst zu gelingen scheint, mündet dann aber in ein grosses Unglück. Auf der Gindlalm geraten nicht nur die Kühe in Streit. Auch Stadt und Land prallen aufeinander, was sich in den komischsten Sprachverwicklungen widerspiegelt, denn schon damals sprach in München kaum noch jemand bayerisch.

Schmidts Musikant von Tegernsee ist nicht nur ein Roman, tatsächlich ist er auch ein Tegernsee Reiseführer. Durch ihn lernt man auch das damalige Tegernsee mit seinem Lokalkoloriert und bayerischen Dialekt kennen, denn der Musikant von Tegernsee ist durchzogen von vielen Ausführungen und Informationen zu Tegernsee und dem Tegernseer Tal. Durch das Buch lernt man auch die Landschaft und Natur im Tegernseer Tal kennen, auch über wichtige lokale Örtlichkeiten, wie zum Beispiel die Neureuth, das Paradies und den Westerhof wird man aufgeklärt. Mengen an Informationen erhält man auch zur Geschichte und Kultur Tegernsees, lernt die Geschichte des Tegernseer Klosters kennen, die Tegernseer Tracht und erfährt was für ein Typ von Mensch der Tegernseer und die Tegernseerin sind. Hier ein Ausschnitt: 

„Die Tegernseer sind ein schöner, kräftiger Menschenschlag. Ihre Gestalt ist hoch, der Gliederbau schlank und von schönem Verhältnis, die Muskulatur voll und derb. Die Züge sind heiter und verständig, das Haar ist meist blond, das Auge offen, die Gesichtsfarbe blühend, die Haltung des Körpers leicht und frei. Der Gang, der den Hirten und Jäger bekundet, ist bedächtig und gerade.
Das weibliche Geschlecht teilt die Vorzüge des männlichen. Die Gebirglerin ist schlank, hoch, von vollen Formen, weißer Hautfarbe, frischem Rot des Gesichtes. Das Haar ist lang, weich und hängt in zierlichen Flechten herab.

Die Tracht der Männer ist die beim Musikanten und Jäger-Franzl beschrieben, dazu schließt sich noch um die Hüfte ein lederner Gurt. Den Kopfschmuck macht ein Hütchen aus mit schmalem Rand, oben spitz zulaufend, mit einer Tresse, einem Gamsbart, oder einer Spielhahnfeder geziert. Die Kleidung des weiblichen Geschlechts besteht in einem engen und knapp anliegenden Faltenrock, der bis an die Knie reicht, einem fest anliegenden Leibchen und dem mit Schnürriemen festgeschlossenen Brustlatz. Bei Wohlhabenderen sieht man im Mieder wohl auch eine silberne Uhr mit schwerer Kette stecken. Auch die Frauen tragen bauschige Socken. Den Kopf ziert ebenfalls der grüne Hut, mit Blumen, Bändern und Tressen geschmückt. Die alten Weiber tragen aber die runde, schwatze Wollhaube, die sehr unkleidsam ist..
Die Hauptzüge des Charakters dieser Leute sind treue Biederkeit, gutmütige Ehrlichkeit, feste Anhänglichkeit an Religion und angestammtes Fürstenhaus, eine handfeste, nie die Gefasste berechnende Schlagfertigkeit, stille, einträchtige Häuslichkeit und sättige Scham. Dabei ist der Hochländer munterer Natur, gesellig und witzig. Er haßt Heuchelei, Kriecherei und Feigheit. Beleidigungen rächt er schnell im aufbrausenden Zorn, jedoch ist er leicht versöhnlich und trägt nicht nach. Verwundet man jedoch seine Ehre, so rührt er nicht, bis ihm durch Rache seine volle Genugtuung geworden ist."

Wer war Maximilian Schmidt?

Maximilian Schmidt wurde am 25. Feb. 1832 in Eschlkam im Bayerischen Wald geboren. Schon als Neunjähriger schrieb er ein Theaterstück. Mit 16 begann er in München zu studieren. Als dem Vater das Geld ausging meldete er sich 1850 freiwillig zum Militär. Die erhoffte Karriere blieb aus. In München knüpfte er Kontakte zur besseren Gesellschaft, wurde Leiter des Chor -Kadettenheaters. 1863 heiratete Leutnant Maximilian Schmidt. Die Mitgift war beträchtlich und so leistete das Ehepaar sich Häuser und Wohnungen in den besten Vierteln von München und eine Villa am Starnberger See. 1863 erscheint sein erster Roman: Das Fräulein von Lichteneck, wodurch er Zugang zu König Maximilian erhält. Dieser will, dass Schmidt die bayerische Geschichte in kleinen, ansprechenden Erzählungen an das Volk vermittelt. Diesen Wunsch erfüllt Schmidt dem König mit seinem gesamten Werk. Als das Königreich Bayern 1866 mobil macht und an der Seite Österreichs gegen Preussen in den Krieg zieht, ist Oberleutnant Schmidt als Kompanieführer an vielen Gefechten beteiligt. Der Krieg endet mit einem Sieg Preussens und seiner Verbündeten. Ludwig II. muss die Unabhängigkeit Bayerns aufgeben. Schmidt wird einer Erkrankung auf unbestimmte Zeit pensioniert.
Lebenskrise

1869 verlässt Schmidt München, um im Bayerischen Wald eine neue Existenz zu gründen. Er wird Unternehmer und baut in Regensburg bei Köstling eine Fabrik zur Herstellung von Holzstoffpappe. Die Papierfabrik und unvorhergesehene Kosten vernichten sein Vermögen. 1870 zieht er mit in den Krieg gegen Frankreich, wo er Dienst in der Schreibstube tun muss. Erneut erkrankt er und wird wieder in Pension geschickt. Wegen seiner Schulden, darf er auch die geliebte Uniform nicht mehr tragen. Jahrzehnte kämpft er um seine Rehabilitation. Er geht zurück nach München. Es ist sein schlimmstes Lebensjahrzehnt. Als Schriftsteller hat er kaum veröffentlicht und als Soldat und Unternehmer ist er gescheitert. 

Literarischer Durchbruch mit König Ludwig II. und der Fischerrosl

Schmidt besinnt sich auf seine Wurzeln und beginnt wieder zu veröffentlichen. Der bayerische Wald und das Alpenvorland sind die Handlungskulisse seiner Werke. Mit simplen Erzählstrukturen, geschriebenen Dialekt und ausgiebigen Naturschilderungen aber auch mit großer volkskundlicher Kenntnis entwirft er ein Bild der bayerischen Provinz und trifft den Geschmack der Zeit und des Monarchen. Waldschmidt diktiert und seine Frau schreibt. König Ludwig ist so begeistert von der Fischerrosl, dass er das Ende des Buches nicht erwarten kann. Täglich schicken beide ein Kapitel von Ambach wo sie den Sommer verbringen nach Schloss Berg zum König, der schon ungeduldig auf die Lektüre wartet. Mit der Fischerrosel kommt der große Durchbruch. Waldschmidt wird in Bayern und darüberhinaus zum beliebtesten Volksschriftsteller seiner Zeit. Am 18. April 1884 ernennt König Ludwig II. den Schriftsteller aus Eschlkam zum königlichen Hofrat.  

Theater und Film

Viele Stücke Waldschmidts werden im Theater am Gärtnerplatz und im Volkstheater in München aufgeführt. Mehr als 40 hat er verfasst. Der absolute Renner ist das Auftragsstüberl, das 400 mal aufgeführt wird, sogar in Amerika. Auch der Film entdeckt Waldschmidt. 1911-1915 produziert die Firma Münchner Kunstfilm 4 Stummfilme nach seinen Büchern, darunter auch den Leonhardiritt und den Musikant von Tegernsee. Diese Filme, die mit den Heimatfilm begründeten, gelten heute als verschollen. Allenfalls die Standbilder können noch einen Eindruck vermitteln.

Bedeutung

Schmidts Engagement für das bayerische Königreich war enorm. 1890 gründete er den Fremdenverkehrsverband und forderte Bayern müsse das meist besuchte Land werden. 5 Jahre später organisierte er ein großes Volkstrachtenfest, um das aus seiner Sicht geradezu langweilige und einförmige Oktoberfest aufzufrischen. Daraus entstand der heute so berühmte Trachten- und Schützenzug. Zahlreiche Gedenktafeln in Bayern erinnern an Schmidt, den einst berühmten Schriftsteller, der aber im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit geraten ist. Gestorben ist er 1919. Begraben liegt er im Familiengrab auf dem Münchner Südfriedhof.

Kontakt

Waldschmidtstraße 1, 83684 Tegernsee, Deutschland

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