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Venser Illbrücke
Quelle: Montafon Tourismus GmbH, Autor: Julia Mangeng
Projekt Loccata
Beschreibung
Zweimal schon, als die Ill über ihre Ufer trat, bildete sich ein großer See zwischen Vandans und St. Anton. Außerdem sollen sich an dieser Stelle folgende Begebenheiten zugetragen haben. Beim einen Mal war die Frömmigkeit der Vandanser die Rettung – beim zweiten Mal ihre Frechheit.
1) Über den Seeweg zwischen Vandans und St. Anton
Im Jahr 1894 brachte das Venser Tobel (1) in Vandans so viel Geröll aus der Vandanser Steinwand mit sich, dass der Illabfluss unterbrochen wurde. Dadurch bildete sich ein mehrere Kilometer langer Stausee zwischen Vandans und St. Anton. 1910 geschah noch einmal dasselbe. Die Bahn- und Straßenverbindungen waren unterbrochen, und die Flurschäden waren gravierend. Die Leute vom Gasthaus Schäfle/Post machten aus der Not eine Tugend oder zumindest ein Geschäft: Sie ließen sich nämlich zu beiden Anlässen Ruderboote vom Bodensee kommen. Diese Boote vermieteten sie für ein paar Kreuzer an die vielen Schaulustigen, die ins Montafon kamen, um den großen See im Gebirge zu bestaunen. Dies dauerte ein paar Monate und war damals eine Sensation, die viele Menschen anzog.
2) D´Häx am Weg
Es war anno 1866. Da ging ein Vandanser Meiggi (2), das vom Dreschen kam und Flegel und Gabel auf der Achsel trug, durch das Sträßlein von Zwischenbach nach Vens. Dort, wo das schmale Grasweglein nach St. Anton führt, huschte auf einmal eine Frau vorbei. Sie hatte ein rotes Tüchlein auf dem Kopf, und ihre Füße berührten kaum den Boden. Das Mädchen ging eilends weiter. Und als es zu einem gewissen Haus kam, hörte es Musik und Katzengeschrei. Das war zu viel. Mit pochendem Herzen rannte es nach Hause. Dort angelangt rief es laut: „Muatr, Muatr, komm!“ Die Mutter kam und sprach: „Was isch?“ Gleichzeitig nahm sie dem Mädchen Flegel und Gabel ab. „O d´r Butz hot mi āⁿblōsa.“ — „A was! Sei´s Gott dankat, dass i d´r am Mārgat d´s Gwīwasser gē ho.“ (3)
3) Der neue Steg
Zu jener Zeit, als die Vandanser noch keine Brücke hatten und nur mit Lorüns und Tschaguns, nicht aber mit dem rechten Ufer der Ill, mit Santatöni (4) und Jetzmund, verbunden waren, beschlossen sie, einen Steg zu bauen und schafften das nötige Holz herbei. Als die Männer am Ufer standen und keiner von ihnen imstande war, das Langseil über den Fluss zu werfen, gingen sie daran, die längste Fichte, die da stand, zu fällen. Sie fiel ins Wasser und schwamm davon. „Wenn grad d´r Teifel kem un üs hälfa tet!“ (5) sprach der alte Kronenwirt. Kaum hatte er dies gesagt, da tauchte eine Gestalt mit langen Hörnern hinter der Wehrmauer auf und fing zu reden an: „O wie dumm ihr seid! Hört mich an: Ich baue euch den Steg; doch wisst, der erste der hinübergeht, sei mein.“
Das war bös gemeint. Die Vandanser hielten Rat. Dann sprach der Kronenwirt: „Iverstanda, Moßiö Teifel! Du baust da Steg, un d´r erst, der dröber got, lot Hor. Net wor, des stimmt?“ (6)
Der leibhaftige Gottseibeiuns nickte dazu, plumpste in den Wasserschwall und verschwand. Die Leute lachten in den Bart hinein und gingen heim. Als sie am nächsten Morgen wieder kamen – ein alter stinkender Ziegenbock war auch dabei –, siehe da, der Steg war fertig. Nur das Geländer fehlte. Da war weiter nichts dabei, und flugs wurde es erstellt. Dann schob man den Ziegenbock auf den Steg. Urplötzlich erschien der Teufel, packte den Bock von hinten, lief ihm nach und weg war er, der Teufel nämlich, nicht der Bock. Diesem war allem Anschein nach nichts geschehen. Er stand am anderen Ufer und stampfte mit den Hinterbeinen. Der Vandanser Kemifäger sagte: „I ho m´r´s denkt. So an aalta Bock ist d´m Teifel z´schlächt.“ (7) Dann rannte er über den Steg, nahm den „Duftikus“ zur Hand, ging zurück und jubilierte:
„Juchei, juchei, an Gäßbock one Schwanz (8)
Des git´sosnianer as bi üs z´Vandans! (9)
Do wörd ma Oga maha un net närsch luaga.“ (10)
1 steil abfallendes, schluchtartiges Tal, in dem ein Fluss oder ein Bach fließt
2 Montafonerisch für Mädchen
(1) Barbisch 1987: 335
3 (2) „Der Butz hat mich angeblasen.“ - „Ach was! Gott sei gedankt, dass ich dir am Morgen das Weihwasser gegeben habe.“
4 bezeichnet St. Anton in der Montafoner Mundart
5 „Wenn gerade der Teufel käme und uns helfen würde!“
6 „Einverstanden, Monsieur Teufel! Du baust den Steg, und der erste, der darüber geht, lässt Haare. Nicht wahr, das stimmt?“
7 „Ich hab´s mir gedacht. So ein alter Bock ist dem Teufel zu schlecht!“
8 „Juchei, juchei, ein Geißbock ohne Schwanz
9 das gibt es nirgendwo als bei uns in Vandans!
10 Da wird man Augen machen und nicht schlecht schauen.“