Ludwig-Ganghofer-Haus - Villa Maria

Ludwig-Ganghofer-Haus - Villa Maria

Beschreibung

Nach dem Ersten Weltkrieg baute sich Ludwig Ganghofer in der Nähe seines Freundes Ludwig Thoma ein Haus am Tegernsee: die „Villa Maria“. Bereits 1908 hatte dieser ihn zum Kauf eines nahegelegenen Anwesens, des Hagenhofs, überreden wollen.

In einem Brief vom 27. Juni schreibt Thoma: „Ich bedauere, dass so viele Kilometer zwischen Dir und mir liegen und es unmöglich machen, für ein paar Stunden in den Heimgarten zu gehen.“ 1918/19 war es dann soweit: Ganghofer erwarb das Grundstück vom früheren bayerischen Kriegsminister Generaloberst Carl Graf von Horn (1847-1923). Viele Jahre blieben Ganghofer allerdings nicht beschieden – am 24. Juli 1920 starb er im Alter von 65 Jahren. Wenige Wochen vorher schreibt Thoma an die Frau des Kommerzienrats Guido Lang: „Maidi [Liebermann] wohnte bei Ganghofer, der reizend eingerichtet ist und mit dem ich lebhafte Nachbarschaft halte.“ (vgl. Braito, S. 591 u. Tworek, S. 258)

Der Besitz ist auch bekannt als Gärn an der Point, später Garnschneider genannt. 1629 unter Hanns Mair; 1702 Chrysogn Linsinger, Klosterküchenschreiber unter Abt Quirin Millon (1654-1715); 1892 Freifrau von Horn. Seit 1934 ist das Grundstück im Besitz der Familien Kellerer-Herzinger. (vgl. Halmbacher, Bd. 1, S. 89)

Das Landhaus an der Seestraße 86 (nicht 78!) ist ein zweigeschossiger Flachsatteldachbau im alpenländischen Heimatstil mit Terrassenvorbau, Lauben, teilverschalter Giebellaube und Segmentbogenfenstern, Ende 19. Jahrhundert. In der Nähe befindet sich das ehemalige Landhaus Karl Stielers, das Westerhof-Café.

Eine Innenaufnahme des Ganghofer-Hauses zeigt dessen stilvoll eingerichtetes Arbeitszimmer. Die Türen des Schreibtisches tragen die Inschrift: „Ohne Fleiß kein Preis“.

Die künstlerische Gestaltung des Lebensraums nahm für Ganghofer eine wichtige Stellung ein. Dies zeigen die selbstentworfenen Einrichtungspläne für sein letztes Haus am Tegernsee – er entwarf sogar einige Möbelstücke und den Kachelofen. Aber auch die erdachte und unter Selbstbeteiligung umgesetzte Einrichtung für das Haus seiner frisch vermählten Tochter Lolo spricht dafür, wie der österreichische Schriftsteller, Ganghofer-Biograf und Freund Vinzenz Chiavacci (1847-1916) festhält.

Literarisches Zeugnis (I): Vinzenz Chiavacci: „Ludwig Ganghofer“ (1905)

 „Wieder einmal nahm ein Gedanke ganz und völlig Besitz von ihm: der Gedanke, dem jungen Paar ein wohliges und künstlerisch ausgestattetes Heim zu schaffen. Den ganzen Winter saß er Nacht für Nacht über seinen Schreibtisch gebeugt und erfand und zeichnete die Einrichtungsstücke für das neue Heim. Alles mußte nach seinen Skizzen angefertigt werden, damit seine Lolo in ihrer Wohnung keinen Gegenstand fände, der nicht aus den zärtlichen Gedanken des Vaters geboren wäre, wie sie selbst aus seiner Liebe. Und als dann auf dem Genueser Corso Magenta die Wohnung eingerichtet wurde, nahm er einen Münchner Kunsttischler mit nach Genua, versetzte täglich ein Dutzend italienischer Arbeiter, die über diesen sonderbaren Tedesco die Köpfe schüttelten, vom Morgen bis zum Abend in schweißtreibenden Aufruhr, kletterte selbst auf jede Leiter, hämmerte und polierte, malte und firnißte, sägte und tapezierte, nagelte mit eigener Hand im gotischen Speisezimmer die fünfhundert goldenen Sterne an die blaue Himmelsdecke – und gönnte sich keine Ruhe, bevor er nicht sagen konnte: ‚So, mein lieb Kind, jetzt wirst du’s schön haben!‘“

(zit. n. Foulon, S. 139)

Literarisches Zeugnis (II): Leo Slezak: „Der Wortbruch“ (1960)

„An einem Freitagnachmittag besuchte er [Ludwig Ganghofer] mich und brachte mir ein altes Heiligenbild aus seinem Elternhause für meine Kapelle. Unter fröhlichen Scherzen verging eine Stunde – dann fuhr er über den See nach Hause. Samstag – am nächsten Tag – ist er gestorben. Wie ein Blitz aus heiterm Himmel traf uns alle die furchtbare Nachricht. Um vier Uhr saß er noch im Kreise seiner Familie, fröhlich und glücklich, hatte eine unsagbare Freude über sein neues Haus, das er sich mit bewunderungswürdigem Geschmack schuf –, von jeder Rose wußte er beseligt etwas zu erzählen ... Da kam der Tod ganz leise, und mit den Worten: ‚Ich bin so glücklich!‘ schloß er die Augen. –

Ein beneidenswerter Mensch! – In der Vollkraft seines Schaffens, ohne die geringste Krankheit, ohne es zu ahnen, schlief er hinüber.

Einen Tag später konnte man ein ergreifendes Bild sehen. Der Sohn Gustav ruderte den Sarg seines Vaters auf dem Segelboote, das dieser so geliebt hatte, hinüber nach Egern auf den kleinen Friedhof.“

(Slezak, S. 131f.)

Kontakt

Seestraße 88, 83684 Tegernsee, Deutschland
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