Keine Vergnügungssteuer in Bayern: Wie sinnvoll ist der bayerische Sonderweg?

Keine Vergnügungssteuer in Bayern: Wie sinnvoll ist der bayerische Sonderweg?

Bayern und Steuern sind eine Geschichte voller Sonderwege, denn während der Rest Deutschlands an vielen Stellen ordentlich zur Kasse bittet, winkt der Freistaat in bestimmten Bereichen einfach ab.

Ein Paradebeispiel dafür ist die Vergnügungssteuer. Es gibt keine Abgabe auf Spielautomaten, kein Extraobolus für Clubs oder Wettbüros, denn in Bayern bleibt das Geld dort, wo es eingenommen wird. Die große Frage ist, ob das ein kluger Zug oder einfach eine verpasste Gelegenheit ist, die Kommunen finanziell zu stärken.

Die Vergnügungssteuer und warum sie in den meisten Bundesländern selbstverständlich ist

Vergnügen kostet Geld, zumindest fast überall in Deutschland. Die Vergnügungssteuer gehört zu den kommunalen Aufwandsteuern, das bedeutet, dass Städte und Gemeinden selbst entscheiden, ob sie sie erheben und wie hoch sie ausfällt. Die Hauptzielgruppe dieser Steuer sind Spielhallen, Wettbüros, Nachtclubs, Stripbars und Erotikkinos. Je nach Bundesland können auch öffentliche Tanzveranstaltungen oder Karnevalsumzüge betroffen sein. Die Berechnung erfolgt auf unterschiedliche Weise. Manche Städte legen feste Beträge pro Automat fest, andere berechnen einen Prozentsatz des Umsatzes. In Berlin werden beispielsweise 20 Prozent des Bruttospielertrags von Spielautomaten als Steuer fällig. Bayern aber bleibt komplett raus aus der Nummer. Kein Cent für die Kommunen und das ist so gewollt.

Wie regeln andere Bundesländer die Vergnügungssteuer?

Ein kurzer Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass jedes Bundesland sein eigenes Modell hat. Berlin setzt auf eine Steuer von 20 Prozent des Bruttospielertrags, in NRW liegt sie je nach Kommune zwischen 18 und 25 Prozent. Baden-Württemberg nutzt ein System mit festen Pauschalen pro Automat oder Event.

Dadurch ergeben sich deutliche Unterschiede in den Einnahmen und in der Anzahl der betroffenen Betriebe. Dort, wo die Steuer hoch ist, sind weniger Spielhallen und Wettbüros zu finden. In Bayern bleibt der Markt hingegen weitgehend unreguliert.

Warum digitale Anbieter trotzdem zahlen müssen

Wer denkt, dass Bayern mit seiner Steuerfreiheit auch für Online-Glücksspiel eine Oase geschaffen hat, liegt falsch. Seit 2021 gilt bundesweit eine Steuer von 5,3 Prozent auf Online-Glücksspiele wie Book of Dead und da gibt es kein Schlupfloch. Damit soll sichergestellt werden, dass digitale Anbieter nicht steuerlich bevorzugt werden. Trotzdem sind viele Online-Casinos für Spieler oft attraktiver, weil sie weniger Betriebskosten haben und höhere Auszahlungsquoten bieten.

Warum Bayern die Vergnügungssteuer seit 1979 nicht erhebt

Während andere Bundesländer munter abkassieren, hat Bayern die Vergnügungssteuer vor über 40 Jahren einfach abgeschafft. Die Begründung damals war simpel, es war zu viel Bürokratie und zu wenig Nutzen, also wurden gleich alle sogenannten Bagatellsteuern gestrichen.

Bis heute steht das so im bayerischen Kommunalabgabengesetz. Die Vergnügungssteuer ist nicht erlaubt, ohne jede Ausnahme. Hinter dieser Entscheidung steckt allerdings mehr als nur der Wunsch nach weniger Bürokratie. Bayern verfolgt generell eine eher wirtschaftsfreundliche Linie, in der niedrige Steuern als Standortvorteil gelten. Keine Vergnügungssteuer bedeutet, dass Betreiber von Spielhallen oder Clubs Geld sparen, während in anderen Bundesländern genau diese Abgabe fest in die Kalkulation einfließt.

Für die bayerische Landesregierung ist das ein klarer Pluspunkt und bedeutet mehr unternehmerische Freiheit, weniger Verwaltungsaufwand und ein Argument für Investitionen in die Freizeitbranche, doch was bedeutet das für die Kommunen?

Wie viel Geld entgeht bayerischen Kommunen durch den Steuerverzicht?

Ein kurzer Blick nach Nordrhein-Westfalen oder Berlin zeigt, welche Summen durch die Vergnügungssteuer zusammenkommen. In NRW sind es über 200 Millionen Euro pro Jahr, in Berlin rund 50 Millionen und andere Bundesländer nehmen ebenfalls zweistellige Millionenbeträge ein. Würde Bayern eine ähnliche Steuer erheben, würden die Einnahmen ebenfalls im hohen zweistelligen oder sogar niedrigen dreistelligen Millionenbereich liegen, doch stattdessen bleibt die Kasse leer.

Kommunen müssen auf andere Einnahmequellen setzen oder auf Geld verzichten, das für Kultur, Infrastruktur oder soziale Projekte genutzt werden könnte, besonders kleinere Städte könnten von solchen Mitteln profitieren. Aber in Bayern ist es eben gewollt, dass dieser finanzielle Spielraum nicht existiert.

Steuerfreie Zone und was der bayerische Sonderweg wirtschaftlich bringt

Natürlich hat der Verzicht auf die Vergnügungssteuer nicht nur Schattenseiten, denn während Kommunen auf Geld verzichten, jubeln Betreiber von Spielhallen, Clubs oder Wettbüros. Wer in Bayern eine Spielhalle eröffnet, spart sich Steuern, die anderswo als Fixkosten mit einkalkuliert werden müssen. Das macht den Standort attraktiver, sowohl für bestehende Betreiber als auch für Investoren. Zudem entfällt der bürokratische Aufwand und es gibt kein lästiges Steuerchaos, keine Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt darüber, wie hoch die Abgabe genau ausfallen muss. Gerade Veranstalter von Clubs und Events können sich sicher sein, dass sie nicht plötzlich extra zur Kasse gebeten werden. Kurz gesagt, gibt es weniger Bürokratie und mehr wirtschaftliche Freiheit.

Wo liegt das Problem? Kritik an der bayerischen Steuerpolitik

Wo weniger Steuern anfallen, gibt es oft weniger Regulierung und das gilt auch für die Vergnügungsbranche. Ein häufig genannter Kritikpunkt ist die hohe Dichte von Spielhallen in manchen bayerischen Städten. Ohne steuerliche Bremse ist der Anreiz größer, neue Standorte zu eröffnen und das kann problematisch sein, weil mit mehr Spielhallen auch das Risiko für Spielsucht steigt.

Auch kommunale Einnahmeverluste sind nicht zu unterschätzen, denn während andere Städte mit der Vergnügungssteuer zum Beispiel Kulturangebote finanzieren, fehlen in Bayern solche zusätzlichen Einnahmequellen. Die Folge ist entweder weniger Geld für öffentliche Projekte oder eine höhere Belastung an anderer Stelle.

Dazu kommt die Debatte um Wettbewerbsverzerrung. In Bundesländern mit hoher Vergnügungssteuer sind die Eintrittshürden für Betreiber größer. Langfristig könnte das dazu führen, dass sich ein Ungleichgewicht zwischen den Regionen entwickelt.

Kommt die Vergnügungssteuer in Bayern doch noch?

Bisher gibt es keine politischen Bestrebungen, das bayerische Steuermodell zu ändern. CSU und Landesregierung halten an ihrem Kurs fest, trotzdem ist die Diskussion nicht vom Tisch. Kommunale Vertreter bringen immer wieder Vorschläge ins Spiel, mit denen zumindest eine Teilregelung geschaffen werden könnte und auch aus der Opposition gibt es Stimmen, die eine Einführung der Steuer fordern. Noch bleibt Bayern also bei seinem Sonderweg, aber ob das langfristig so bleibt, wird sich zeigen.

Das bayerische Modell ist ein zweischneidiges Schwert, denn einerseits profitieren Unternehmen von steuerlichen Vorteilen und weniger Bürokratie, andererseits gehen Kommunen erhebliche Einnahmen verloren, während das Glücksspielangebot ungebremst wächst. Ob das langfristig gut für Bayern ist, bleibt offen. Sicher ist nur, dass das letzte Wort in dieser Debatte noch nicht gesprochen wurde.

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