Geologie erleben rund um das Reintal: Spuren früherer Katastrophen

Quelle: AV-alpenvereinaktiv.com, Autor: Bayerisches Landesamt für Umwelt

Die ehemalige Vordere Blaue Gumpe wurde während eines Unwetters 2005 verfüllt.
Entstehung eines Bergsturzes
Entstehung eines Moränenwalls
Geologie vom Frauenalpl Richtung Meilerhütte (nW, K = Wettersteinkalk, nR = Raibl-Formation)
Bockhütte
Abstieg zum Schachen
Die geologische Zuordnung der im Text beschriebenen Punkte
Die Meilerhütte
Die Meilerhütte wurde in den Wettersteinkalk gebaut
Blick von der Meilerhütte Richtung Süden
Meilerhütte mit Meilerhütten-Breccie
Meilerhütten-Breccie, die Füllung eines uralten Canyons
Frauenalpl mit Wollgras
Frauenalpl, grüne Oase im Wettersteinkalk
Löchriges Gestein, genannt Rauhwacke der Raibl-Formation
Blick auf den Schachen
Blick in das Reintal
Schachen-Breccie, verfestigtes Steinschlagmaterial
Aussichtspunkt am Schachen
Aussichtspunkt am Schachen
Alpengarten auf dem Schachen
Alpengarten auf dem Schachen
Alpengarten auf dem Schachen
Vom Schachen ins Reintal
Reintal bei der Bockhütte
Schuttkegel im Reintal
Ausbruchnische des Bergsturzes Steingerümpel im Reintal
Bergsturz Steingerümpel
Endmoräne Nähe Reintalangerhütte
Reintalangerhütte

Die Tour

Von der Meilerhütte über Ludwigs Königshaus am Schachen bis zur Reintalangerhütte am Fuße der Zugspitze sind frühere Naturkatastrophen noch gut erkennbar.

Diese Etappe führt von der Meilerhütte bergab zum Schachen und zur Bockhütte im Reintal, dann im Reintal wieder ansteigend zur Reintalangerhütte.

Gleich unterhalb der Meilerhütte ist mit der Meilerhütten-Breccie die erste Naturkatastrophe ersichtlich. Die Komponenten dieses Gestein wurden durch Unwetter vor Millionen von Jahren in eine Schlucht gespült,  anschließend verfestigt und später wieder freigelegt.  Die Schachen-Breccie am Schachen deutet auf einen ehemaligen Steinschlag hin. Auch unten im Reintal führt der Weg auf einem Geomorphologischen Lehrpfad an zahlreichen Schuttkegel und Bergsturzablagerungen vorbei. Und das einstige Naturjuwel des Reintals - die Vordere Blaue Gumpe - ist ebenfalls durch eine Katastrophe entstanden und durch eine weitere wieder verschwunden.

Info

Schwierigkeit
mittel
Aufstieg
350 hm
Abstieg
1350 hm
Tiefster Punkt 1044 m
Höchster Punkt 2373 m
Dauer
6:00 h
Strecke
11,4 km

Details

Erlebnis
Landschaft
Gefahrenpotential
Technik

Beste Jahreszeit

Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember

Wegbeschreibung

Start

Meilerhütte

Ziel

Reintalangerhütte

Weg

In der nachfolgenden Beschreibung wird auf einige geologische Besonderheiten entlang der Via Alpina Etappe R45 eingegangen. Zu den Begriffen "GeoPunkt" und "Geotop" gibt es zusätzlich Wegpunkte, in denen auch die Geologie erklärt wird. Diese Wegpunkte werden weiter unten sowie in der Karte angezeigt und können ausgedruckt werden.

Geologische Zeittafel

Die geologische Zeittafel zeigt die Namen und die Abfolge der Schichten, die auf der Wanderetappe durchquert werden, und das Alter ihrer Ablagerung (Abb. 2/30).

Start

Die Etappe beginnt an der Meilerhütte (Abb. 3/30), die in Wettersteinkalk der Wetterstein-Formation gebaut wurde, der auch innerhalb der Hütte zu sehen ist (Abb. 4/30).

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Wetterstein-Formation: Das Sedimentgestein, aus dem auch die meisten Gipfel im Wettersteingebirge bestehen, wird nach diesem Gebirge „Wettersteinkalk“ genannt. Es wurde in einem flachen Meer vor etwa 236 Millionen Jahren gebildet. Der Wettersteinkalk entstand südlich seiner heutigen Lage in einem tropischen bis subtropischen Meer und wurde hauptsächlich von Schwämmen und Kalkalgen aufgebaut. Daher findet man im Schutt vereinzelt Fossilien, also versteinerte Tiere oder Pflanzen. Der Wettersteinkalk ist ein dickbankiger bis massiger, sehr reiner Kalkstein. Die bis 1.500 Meter dicken Schichten bauen den größten Teil des Wettersteingebirges auf. Neben dem Wettersteinkalk kommt auch der magnesiumreichere Wettersteindolomit vor, entlang dieser Via Alpina-Etappe allerdings nur an einer kleinen Stelle im unteren Teil des Abstiegs ins Reintal. Im Gegensatz zum Wettersteinkalk verwittert er in der Regel zu scharfkantigem Grus und bildet oft riesige Schutthalden.

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Von der Meilerhütte aus ist in Richtung Süden das Leutascher Platt ersichtlich, das von Gletschern geformt wurde (Abb. 5/30).

Gleich zu Beginn des Abstieges von der Meilerhütte auf dem markierten Wanderweg Richtung Norden bzw. Schachen fällt in der ansonsten eintönigen Kalksteinlandschaft das ungewöhnliche Gestein der Meilerhütten-Breccie auf (Abb. 6/30, 7/30).

Geotop Meilerhütten-Breccie

Die diffuse, durch Korngrößenunterschiede hervorgerufene Schichtung der Breccie sowie die scharfe Abgrenzung zu den umgebenden Wänden der Wetterstein-Formation deuten auf eine rapide Ablagerung durch fließendes Gewässer in einem Canyon hin. Die Größe der Breccien-Komponenten von teilweise über zwei Metern lässt auf eine große Transportenergie und kurze Transportwege schließen. Das sind Bedingungen, wie sie heute in tief eingeschnittenen Schluchten im Oberlauf vieler Gebirgsbäche z. B. nach einem Murenabgang vorkommen. In ihrer jetzigen exponierten Lage nahe des Grates bei der Meilerhütte kann die Breccie als Schluchtmaterial nicht abgelagert worden sein, sondern vermutlich in einer riesigen Schwemmebene, die während der beginnenden Alpenbildung vor etwa 25 Millionen Jahren zwischen Molassetrog (Tiefland nördlich der Alpen) und der damaligen Gebirgsfront lag.

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Geotope: Geotope sind erdgeschichtlich bedeutsame Naturbildungen, die aufgrund ihrer Schönheit, Seltenheit oder wissenschaftlichen Bedeutung erhalten und geschützt werden sollten. Sie sind im Geotopkataster Bayern erfasst und im Internet im Umweltatlas Bayern zu finden. Näheres unter: www.geotope.bayern.de.

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Breccie: Sedimentgestein, das überwiegend aus eckig-kantigen Bruchstücken („Komponenten“) vom gleichen oder von unterschiedlichen Gesteinen besteht. Im Gegensatz dazu enthält ein Konglomerat überwiegend gerundete Bestandteile. Beide Gesteinsarten werden durch natürlichen Zement wie Kalk, Quarz, Eisenhydroxid zusammen gehalten.

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Der Weg führt von der Meilerhütten-Breccie weiter abwärts zum Frauenalpl, dessen auffällig grüne Weiden mit der kargen Kalksteinlandschaft kontrastieren (Abb. 9/30, 10/30). Die Ursache hierfür liegt in der Geologie, denn es gibt in dieser Umgebung Gesteine der Raibl-Formation, die das Wasser besser speichern können als der Wettersteinkalk (Abb. 8/30).

GeoPunkt Frauenalpl

Die hier vorkommenden verwitterungsanfälligen Sand- und Tonsteine der Raibl-Formation formen keine schroffe Landschaft mehr, sondern ein hügeliges Gelände. Vereinzelt kommen auch Rauchwacken der Raibl-Formation vor (Abb. 11/30). Auf den wasserundurchlässigen Tonsteinen deutet das Vorkommen von Feuchtigkeit liebendem Scheuchzers Wollgras den feuchten Untergrund an.

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Raibl-Formation (früher „Raibler Schichten“ genannt): Die Schichten der Raibl-Formation wurden vor etwa 235 Millionen Jahren in einem Flachmeer abgelagert. Im Gegensatz zu vielen anderen Formationen der Nördlichen Kalkalpen, die überwiegend aus Kalksteinen bestehen, ist für die Raibl-Formation eine Wechsellagerung verschiedener Sedimentgesteine charakteristisch. Es kommen Kalke sowie Ton- und Sandsteine, vor. Ursache hierfür ist die Einschwemmung von Lockermaterial von einem nahe gelegenen Festland in das Flachwasserbecken. Teilweise wurde es vom offenen Ozean abgeschnürt und dampfte ein, wodurch örtlich Gips- und Dolomitgesteine entstanden. Wo später Grundwasser den Gips aus dem Gestein löste, blieben Dolomitbreccien und löchrige Rauhwacken zurück.

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Danach geht es auf einem breiten Rücken mit einigen Serpentinen weiter bergab Richtung Schachen, einem einzigartigen Aussichtsbalkon, den bereits von weit oben sichtbar ist (Abb. 12/30) umrahmt von den mächtigen Felsgipfeln des Wettersteingebirges. Von hier hat man auch herrliche Blicke ins Reintal (Abb. 13/30).

GeoPunkt Schachen-Breccie

Oberhalb des Schachen zwischen ca. 1950 – 1850 m erkennt man am Weg die so genannte Schachen-Breccie (Abb. 14/30). Das rund 480.000 Jahre alte Gestein ist verfestigtes Steinschlagmaterial. 

Tipp: Am Schachen befindet sich neben dem Schachenhaus und dem sehenswerten, ab 1870 von König Ludwig II. im Schweizer Chaletstil errichteten Königshaus mit „Maurischem Zimmer“ der Alpengarten des Botanischen Gartens München (Abb. 17/30, 18/30, 19/30).

Der bereits 1901 eröffnete Garten zeigt über 1.000 verschiedene Arten von Gebirgspflanzen aus aller Welt, informiert über die unterschiedliche Bodenbildung auf Wetterstein- und Raibl-Formation und vieles mehr. Er wird von Mitte Juni bis Ende August betreut und kann während dieser Zeit besichtigt werden.

Am Schachen angekommen führt ein kurzer Abstecher zum Aussichtspunkt am Schachen (Abb. 15/30, 16/30). Hier hat man einen phantastischen Blick in das Reintal. Es ist von Deutschlands höchsten Alpengipfeln umrahmt, die aus gewaltigen, teils senkrechten Kalkwänden der Wetterstein-Formation aufgebaut sind. Aufgrund der Steilheit kommt es im Reintal immer wieder zu Massenbewegungen, wie Bergstürzen oder Murenabgängen. Informationen zu den unterschiedlichen Arten von Massenbewegungen finden Sie unter https://www.lfu.bayern.de/geologie/massenbewegungen/index.htm.

Vom Schachen folgt man, fast ausschließlich im Wettersteinkalk, dem teilweise mit Stufen und Sicherungen versehenen Steig steil bergab (Abb. 20/30) ins Reintal und zur Bockhütte (Abb. 21/30).

Von der Bockhütte verläuft der weitere Weg entlang der Partnach ansteigend durchs Reintal Richtung  Reintalangerhütte. Auch hier sind Spuren früherer Naturkatastrophen sichtbar. Die Stationen zwei bis sieben des Geomorphologischen Lehrpfads informieren hierbei über Wildbäche (Partnach), Muren und Steinschlag. Vor Ort gibt es keine nähere Informationen über den Lehrpfad. Internet-Informationen zum Reintal und zum Geomorphologischen Lehrpfad unter "Literatur" oder  im „Reintal-Webgis“ unter http://www.reintal-webgis.sbg.ac.at

GeoPunkt ehemalige Vordere Blaue Gumpe

Auf dem Weg Richtung Reintalangerhütte kommt man an der ehemaligen Vorderen Blauen Gumpe vorbei (Abb. 24/30). Dieser um das Jahr 1800 durch einen Bergsturz aufgestaute See – einst das landschaftliche Juwel des Reintals – wurde im August 2005 während eines zweitägigen Unwetters vollständig mit Schutt verfüllt.

GeoPunkt Bergsturz Steingerümpel

Eine weitere Besonderheit, den Bergsturz Steingerümpel, erreicht man nach einer weiteren kurzen Wanderung (Abb. 25/30, 26/30). Er staute vor etwa 500 Jahren die Partnach auf. Inzwischen hat sie sich unter dem Bergsturz durchgegraben. Eine Grafik veranschaulicht die Entstehung eines Bergsturzes (Abb. 27).

GeoPunkt Endmoräne

Kurz vor der Reintalangerhütte quert die Via Alpina eine späteiszeitliche Endmoräne („Reintalanger-Stand“; Abb. 28/30). Im Gegensatz zum heutigen Schneeferner, dem Gletscher der nur noch das oberste Zugspitzplatt bedeckt, reichte der Lokalgletscher im Reintal („Partnachgletscher“) vor etwa 11.000 Jahren noch bis hier herab. Im Moränenwall ist feines Material mit einigen größeren, gerundeten Blöcken gut sichtbar. Eine Grafik einer Endmoräne, einer Schuttanhäufung am Gletscherende, zeigt Abb. 29/30.

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Moränen sind Schuttmassen, die durch den Gletscher transportiert und später wieder abgelagert wurden. Typisch dafür ist, dass Material verschiedenster Größen und unterschiedlichem Rundungsgrad darin enthalten ist. Am Höchststand der letzten Eiszeit (Würm) vor etwa 20.000 Jahren wurde das Wettersteinmassiv von zwei großen Ferneisströmen umflossen,  dem Werdenfelser Eisstrom im Osten und dem Fernpass-Eisstrom im Westen. Das Reintal selbst wurde aber nur durch die lokalen Gletscher der Zugspitze und der seitlichen Kare überformt. Moränen bedecken heute nur noch rund ein Prozent des Talbodens, da sie von jüngerem Schutt überlagert wurden.

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Von diesem GeoPunkt sind es nur noch wenige Hundert Meter und man erreicht die idyllisch gelegene Reintalangerhütte (Abb. 30/30), das Ziel dieser Tagesetappe.

Weitere Informationen

Diese Tour und weitere Touren finden Sie auch im Internet unter: https://www.lfu.bayern.de/geologie/via_geoalpina/index.htm.

Eine genaue Wegbeschreibung dieser Etappe finden Sie auf der offiziellen Seite der Via Alpina unter: http://www.via-alpina.org/de/stage/225.

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